EU-Erbrechtsverordnung: leicht & verständlich erklärt
Seit 2004 ist Slowenien Mitglied der Europäischen Union, weshalb dort die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) maßgebend ist. Diese neue EU-weite Verordnung zum Erbrecht trat am 17.08.2015 in Kraft. Der wesentliche Nutzen der EU-ErbVO ist die erleichterte Regelung und Abwicklung von Erbrechtsfällen mit internationalem Hintergrund. Besonders im Ausland lebende Rentner müssen aufpassen, ob alle Bestandteile ihres in Deutschland verfassten Testaments auch mit im Rahmen der EU-Erbrechtsverordnung umgesetzt werden können.
In diesem Blogartikel erkläre wir Ihnen, welche Regelungen die Verordnung genau enthält und was diese für Sie als Erblasser mit Lebensmittelpunkt in Slowenien bedeuten. Außerdem erfahren Sie, worauf Sie bei der Gestaltung Ihres “letzten Willens” achten müssen. Gern unterstützen unsere erfahrenen Anwältinnen für Erbrecht in Slowenien Sie bei der Erstellung oder Anpassung Ihres Testaments.
Erbrechtsverordnung der EU: die wichtigsten Informationen auf einen Blick
- Vor dem Inkrafttreten der Europäischen Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) war automatisch die Staatsangehörigkeit des Erblassers ausschlaggebend.
- Seit dem 17.08.2015 gilt das Recht des Staates, in dem der Erblasser seinen Lebensmittelpunkt hatte.
- Soll weiterhin die Staatsangehörigkeit entscheiden, müsste dies extra im Testament verfügt werden.
- Die Verordnung gilt nur, wenn der Lebensmittelpunkt in einem Staat der Europäischen Union war.
- Ausgenommen davon sind Dänemark und Irland, die dem Abkommen nicht beigetreten sind.
- Möchten Sie dauerhaft nach Slowenien auswandern, ist eine Auseinandersetzung mit der EU-Erbrechtsverordnung unerlässlich.
Europäische Erbrechtsverordnung: Der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers ist entscheidend
Die größte Neuerung der EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) ist, dass standardmäßig nun der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers – also der Staat, in dem er seinen Lebensmittelpunkt hat – maßgebend ist. Die Staatsangehörigkeit wirkt sich nun nicht mehr automatisch auf die Rechtswahl aus, sofern der gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers in der Europäischen Union liegt. In Ihrem konkreten Fall: Hinsichtlich des Erbrechts gelten dann slowenische statt deutscher Gesetze.
Ob ein in Deutschland errichtetes Testament wirksam ist und Ihr letzter Wille ”eins zu eins“ umgesetzt werden kann, richtet sich dann nach dem Erbrecht des Staates, in dem Sie Ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Lassen Sie daher in jedem Fall prüfen, ob und wie ein in Deutschland aufgesetztes Testament auch in Slowenien berücksichtigt werden kann, denn die Abwicklung des Nachlasses läuft häufig nach überraschend anderen Regeln als gedacht.
Unsere Anwältinnen für Erbrecht in Slowenien stehen bei Unsicherheiten hinsichtlich der EU-Erbrechtsverordnung gerne zur Seite. Wir sind mit Fachkompetenz, jahrelanger Erfahrung und entsprechenden Sprachkenntnissen für Sie da. Treten Sie direkt mit uns in Kontakt.
Berliner Testament: in Deutschland beliebt, in Slowenien nicht vorgesehen
Wie unterschiedlich das Erbrecht in den verschiedenen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sein kann, zeigt das sogenannte Berliner Testament nach deutschem Erbrecht. Dabei handelt es sich um ein gemeinschaftliches Testament von Ehe- bzw. Lebenspartnern, welches in Deutschland häufig genutzt wird, um sich gegenseitig als Alleinerben einzusetzen und zu verfügen, dass mit dem Tod des zuletzt Verstorbenen der Nachlass an einen Dritten fällt. Diese deutsche Regelung kennen viele EU-Mitgliedsstaaten jedoch nicht. In diesem Fall wird der Nachlass dann gem. EU-Erbrechtsverordnung nach der hiesigen gesetzlichen Erbfolge geregelt.
Beachten Sie daher unbedingt, dass das Berliner Testament gem. Erbrecht des EU-Auslands wirkungslos sein könnte. In Italien, Frankreich oder Spanien gab es schon Fälle, in denen diese Form des Testaments nicht anerkannt wurde. Es kann angenommen werden, dass Gleiches auch für Slowenien gilt.
Das Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ) vereinfacht Bürokratie und Abwicklung
Mit der EU-weiten Verordnung zum Erbrecht wurde auch das sogenannte Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) eingeführt. Dieses Dokument wird auf Antrag von der mit der Erbsache befassten Behörde ausgestellt und vereinfacht Erbsachen mit internationalem Hintergrund zusätzlich. Mit dem ENZ können Erben, Vermächtnisnehmer sowie Testamentsvollstrecker ihren Erbstatus nachweisen und ihre Befugnisse in anderen Mitgliedstaaten geltend machen. Dadurch vereinfacht die EU-Erbrechtsverordnung mit Einführung des Europäisches Nachlasszeugnis (ENZ) grenzübergreifende Erbsachen.
Staatsangehörigkeit nur maßgebend durch Verfügung im Testament
Haben Sie die deutsche Staatsangehörigkeit beibehalten, können Sie durch eine Verfügung im Testament anordnen, dass Sie weiterhin nach deutschem Erbrecht behandelt werden. Die Rechtswahl obliegt also theoretisch weiterhin Ihnen. Allerdings muss dies seit dem Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung auf Ihre Initiative hin geschehen, wenn Ihr Lebensmittelpunkt in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ist.
Hier ist jedoch Vorsicht geboten! Liegt Ihr gewöhnlicher Aufenthalt in Slowenien, lassen Sie sich durch eine Verfügung, gem. der Sie weiterhin nach deutschem Erbrecht behandelt werden, unter Umständen Vorteile des slowenischen Erbrechts entgehen.
Gerne beraten wir Sie bei der Rechtswahl und klären individuell mit Ihnen ab, ob das deutsche oder slowenische Erbrecht für Ihren Fall vorteilhafter ist. Die kompetenten Anwältinnen der Kanzlei Devetak & Partner helfen Ihnen dabei, die gegebenen Möglichkeiten bestmöglich für Sie und Ihre Erben zu nutzen. Treten Sie direkt mit uns in Kontakt.
Häufig gestellte Fragen zum Thema EU-Erbrechtsverordnung
Was ist die EU-Erbrechtsverordnung?
Die EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO), offiziell als Verordnung (EU) Nr. 650/2012 bekannt, ist ein Rechtsinstrument der Europäischen Union, das die Regelungen für die Anwendung des Erbrechts in grenzüberschreitenden Fällen innerhalb der EU vereinfacht. Sie trat am 17. August 2015 in Kraft.
Wann wird die EU-Erbrechtsverordnung relevant?
Die Verordnung findet Anwendung, wenn eine Person mit internationalem Bezug (gewöhnlicher Aufenthalt in einem anderen EU-Land) verstirbt und es um die Regelung ihres Nachlasses geht.
Welche Länder sind von der EU-Erbrechtsverordnung betroffen?
Die EU-Erbrechtsverordnung gilt in allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Irland und Dänemark.
Wie wird das anzuwendende Recht nach der EU-Erbrechtsverordnung bestimmt?
Das anzuwendende Recht für die Erbschaft wird in erster Linie durch den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes bestimmt. Wenn der Erblasser in seinem Testament explizit eine Rechtswahl trifft, wird dieses Recht berücksichtigt.
Entscheidend für die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts ist der Zeitpunkt des Todes, nicht der Zeitpunkt, zu dem das Testament errichtet wurde. Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist allerdings gem. Art. 21 Abs. 2 EU-ErbVO möglich, wenn der Erblasser zum Todeszeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Staat A hatte, er sich jedoch bspw. aufgrund eines Krankenhausaufenthalts überwiegend im Staat B aufhielt.
Warum macht man einen Unterschied zwischen Wohnort und gewöhnlichem Aufenthalt?
In der EU-Erbrechtsverordnung wird der gewöhnliche Aufenthalt vom Wohnort bzw. Wohnsitz zugunsten der Präzision abgegrenzt. Lebt eine Person bspw. ein halbes Jahr in Slowenien und ein halbes Jahr in Deutschland, lässt sich anhand dieser Informationen schwer festlegen, wo sie Ihren Lebensmittelpunkt hat. Aus diesem Grund werden neben Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Wohnort die Lebensumstände des Erblassers beleuchtet. Wo ist die Person durch Familie, Freunde und Bekannte sozial gebunden? Wo gibt oder gab es ein Arbeitsverhältnis? Sind eventuelle Sprachfertigkeiten vorhanden? All diese Faktoren bestimmen mit, wo der gewöhnliche Aufenthalt zu verorten ist.
Da eine Legaldefinition des Begriffs gewöhnlicher Aufenthalt fehlt, sollten Sie sich unbedingt von einem Rechtsanwalt zur Regelung Ihres Nachlasses beraten lassen, wenn Ihr Lebensmittelpunkt im Ausland liegt.
Welche Gerichte sind für Erbfälle mit internationalem Hintergrund zuständig?
Nach Artikel 4 der EU-ErbVO sind die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Trifft der Erblasser im Testament explizit eine Rechtswahl, sind analog die Gerichte des entsprechenden Staates zuständig.